Im Jahr 1979, ich war gerade 20 geworden, entdeckte ich durch einen Zufall die Buchhandlung Karl M. Halosar.
Um mir die Wartezeit beim Augenarzt zu verkürzen – meine Kurzsichtigkeit verlangte erstmals nach einer Brille – machte ich einen Spaziergang: die Buchhandlung lag auf meinem Weg.
Eine Buchhandlung auf der Wieden, in die Ecke Margaretenstraße/Freundgasse geduckt. Das vom Boden bis zur Decke mit Büchern vollgestopfte Geschäft beeindruckte mich, weil ich noch nie ein derartiges Lokal betreten hatte. Die Bücher in dem fünf Meter hohen Raum schienen zu atmen. Rasch wurde ich Stammkundin und ein halbes Jahr später begann ich als Buchhändlerin zu arbeiten. Heute würde man sagen, eine Quereinsteigerin.
Gleich an meinem ersten Arbeitstag stand ich plötzlich allein im Geschäft. An die Angst vor der ersten Kundschaft kann ich mich noch deutlich erinnern …
Die Angst legte sich bald und 1985 war ich mutig genug, die Buchhandlung zu übernehmen. In den wirtschaftlich harten Jahren, die folgten, habe ich einiges über mich gelernt. Über mein unglaubliches Durchhaltevermögen zum Beispiel und über die Kraft von Visionen. Mir war von Anfang an klar, dass an diesem besonderen Ort und in dieser Buchhandlung Raum für Bücher sein muss, die sich nicht an ein großes Publikum wenden. Frei nach Franz Kafka: „Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns.“
So ist über Jahre und Jahrzehnte eine Buchhandlung entstanden, wie ich sie mir immer erträumt hatte: Ein lebendiger Ort der Begegnung und des Austausches mit einem Bücherangebot, das sich eindeutig nicht an Bestsellern orientiert.